Die Herstellung elektronischer Produkte befindet sich in einem Transformationsprozess. OEMs lagern immer mehr Entwicklungsprozesse aus, gleichzeitig trägt ein zunehmender Automatisierungsgrad in der Produktion dazu bei, dass europäische Anbieter eine bessere Ausgangsposition haben. In Teil II unseres Blogposts sprechen wir mit Jochen Gimple, Geschäftsführer der Kontron Electronics GmbH, über die steigenden Anforderungen an Flexibilität und Projektkompetenz in der Elektronikentwicklung und -fertigung.
Kontron steigt jetzt neben dem Markt für Original Design Manufacturing (ODM) auch in Electronics Manufacturing Services (EMS) ein. Was bedeutet das konkret?
Bei EMS geht es um die reine Fertigungsdienstleistung für ein bereits entwickeltes Produkt. Beim ODM kommt der Kunde mit einer Idee, einem Konzept oder einem Anpassungswunsch. Hier übernehmen wir die Entwicklung und Fertigung. Wir bieten sowohl als auch an, und sind der Überzeugung, dass sich die Nachfrage nach Fertigungsdienstleistungen die nächsten Jahre weiter positiv entwickeln wird und möchten als Kontron auf diesem Markt ebenfalls präsent sein.
Wo liegen für die Kunden die größten Herausforderungen, wenn sie ein PCBA (Printed Circuit Board Assembly) entwickeln und produzieren wollen?
Viele Unternehmen haben eher ungute Erfahrungen in Bezug auf die Flexibilität von Dienstleistern gemacht. Flexibilität ist aber gerade deshalb so wichtig, weil Elektronik zunehmend vielen Wandlungen unterworfen ist – zum Beispiel gibt es immer wieder Software-Anpassungen. Da sind spezialisierte Anbieter wie Kontron deutlich agiler als Volumenanbieter auf anderen Kontinenten.
Außerdem hat Time-to-Market im Zuge der Digitalen Transformation für die Kunden weiter an Bedeutung gewonnen: Man versucht deshalb, schnell zum Prototyp zu kommen. In der Embedded-Welt ist ein spürbarer Trend in Richtung Linux zu beobachten, gerade im Kontext von kommunikationsorientierten oder grafischen Anwendungen. Kontron entwickelt und fertigt unter anderem die leistungsstarken und kompakten Modulbausteine SoM (System-on-Module) und COM (Computer-on-Module). Die vorgefertigten Module vereinfachen das Entwickeln komplexer, kundenspezifischer Board-Architekturen und eröffnen die Perspektive auf ein späteres Prozessorupgrade ohne Redesign des Baseboards. Als weiteren Vorteil im Markt sehen wir unser Team von gut 50 Elektronikentwicklern. Damit sind wir in einem Bereich, der immer komplexer und Software-lastiger wird, gut aufgestellt – gerade auch im Vergleich zu reinen Fertigungsdienstleistern.
Was macht Kontron anders?
Ganz entscheidend ist die technische Beratung, bei der von Anfang an das Produkt und seine Fertigung ganzheitlich betrachtet werden. Darüber hinaus gehen wir bei der Projektmethodik auf die Kundenwünsche ein: Je nachdem, wie dort das Know-how gefächert ist, setzen wir auf Scrum-Elemente oder klassische Vorgehensweisen.
Was ist den europäischen Kunden besonders wichtig?
Wir hören in vielen Gesprächen mit Unternehmen, dass man die regionale Nähe sucht. Embedded Elektronik ist ein komplexes Themenfeld, da werden Kommunikation in der eigenen Sprache und die regionale Nähe des Partners geschätzt. Mit Entwicklungs- und Produktionsstätten in Deutschland, Österreich, Ungarn und Slowenien können wir diese Nähe vielerorts sicherstellen.
Welche Veränderungen sehen Sie derzeit im ODM/EMS-Umfeld?
Es ist klar ein Trend erkennbar, dass OEMs auch die Entwicklung zunehmend auslagern. Immer häufiger werden Endprodukte nachgefragt, einschließlich Personalisierung, Montage und Verpackung. Deshalb wünschen sich Kunden ganz bewusst Lieferanten, die mehr können als nur Fertigen.
Vielen Dank für das Interview, Herr Gimple.
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